Wenn wir keine Ziele haben, können wir nicht in eine Richtung arbeiten.

Interview mit Bürgermeister Kai Müller

Kai Müller ist seit Juni 2023 Bürgermeister von Wenningstedt-Braderup. Wir sprechen mit ihm über aktuelle Projekte auf seinem Schreibtisch, welche Schwerpunkte er sich setzt und wofür er manchmal gerne mehr Zeit hätte.

© Nicole Mai

Welches Thema liegt gerade ganz oben auf dem Schreibtisch? 
Ganz aktuell ist das Projekt Ortsentwicklungskonzept, das viele unserer Themen in ein größeres konzeptionelles Gerüst bringen soll. Die Frage dahinter ist: wie sollen diese Themen zukünftig ineinander greifen? Da geht es unter anderem um bauliche Fragen: Möchten wir beispielsweise in bestimmten Straßenzügen die Bäderarchitektur wiederbeleben? Es geht also auch darum, aus einem Bauchgefühl eine Vorlage zu entwickeln, an der wir uns künftig orientieren können. 
Die Grundlage für das Ortsentwicklungskonzept haben wir mit der Auftragsvergabe gerade gelegt, in den kommenden Monaten werden wir mit Experten gemeinsam daran arbeiten - auch unter Berücksichtigung wichtiger Zukunftsthemen wie Klimawandel und Mobilitätsfragen.

Das Thema Wohnen in seinen verschiedenen Ausprägungen steht bestimmt ganz weit oben, gerade in Bezug zu den aktuell viel diskutierten Kontrollen von Ferienwohnungen durch den Kreis. Wie ist der Stand dazu?
Ich führe laufend Gespräche mit den anderen Bürgermeistern der Insel, aber auch direkt mit Kreis und Land und setze da voll auf Kooperation. In den Gesprächen ging es mir bislang vor allem darum, die gemeinsamen Ziele abzuklopfen. Wir sind zum Glück sehr klar in unseren Zielen, diesehaben wir ja in Einwohnerversammlungen gemeinsam erarbeitet. Dazu zählen die Schaffung von Dauerwohnraum, die wirtschaftliche Solidität, die nunmal großteils auf der Ferienvermietung beruht, und die Nachhaltigkeit. Sofern sich das Handeln des Kreises ebenfalls an diesen Zielen ausrichtet, können die Kontrollen sogar unterstützend wirken.
Wir können inzwischen zudem auf eine solide Datenbasis zugreifen, da wir all unsere B-Pläne digitalisiert haben und unsere Zahlen jetzt sehr genau kennen. Das ist eine gute Ausgangslage für konstruktive und sachliche Gespräche mit dem Kreis und dem Land. Aber es ist ganz klar: Die Herausforderungen groß sind, und zwar in vielerlei Hinsicht. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir gemeinsam Lösungen finden werden.

Auf den Einwohnerversammlungen wurde auch das Themenfeld Schule herausgearbeitet.
Genau, eines unserer Fokus-Themen heißt Schule+. Es ist ganz klar, dass wir als Träger dasSchulgebäude anfassen müssen. Es geht uns allerdings nicht nur um das Gebäude, sondern vor allem auch um ein zukunftsfähiges Konzept. Ich wünsche mir, dass hier ein „Haus des Lernens“ entstehen wird.
Hier muss sich die Schule inhaltlich auf den Weg machen und sich ein neues pädagogisches und didaktisches Konzept geben. Und genau an diesem Punkt stehen wir gerade und ich bin begeistert, mit welchen Ideen und mit wie viel Freude an diesem Thema gearbeitet wird.


Das Gebäude werden wir übrigens nicht in Eigenregie prüfen und planen, sondern dürfen für das Projektmanagement auf die Expertise der KLM zugreifen. Das war ursprünglich nicht vorgesehen und bis wir das grüne Licht für diese wichtige Kooperation erhalten haben, sind fast 10 Monate ins Land gegangen. 

 

Nicht nur die Schule, auch die Feuerwehr benötigt ja einen Neubau. Wie ist da der aktuelle Sachstand?
Beim Thema Feuerwache haben wir erste Beschlüsse gefasst. Es wird einen Neubau auf dem inzwischen gemeindeeigenen Grundstück zwischen Osterweg und L24 geben. Auf einem Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern aus Feuerwehr und Politik haben wir gemeinsam erarbeitet, was genau unsere Feuerwehr braucht und was wir auf den Weg geben möchten. Der nächste Schritt ist die europaweite Ausschreibung für das Planungs-Team, bevor wir dann mit den konkreten Plänen für den Neubau beginnen.

© TSWB - Jasmin Heimberger

Bei welchen Themen gibt es derzeit noch Zwischenstände zu berichten?
Für den Jugend- und Seniorenbeirat haben wir Gründungsmitglieder gefunden, jetzt werden Satzungen abgestimmt, aber viel wichtiger: inhaltlich sind wir schon in Gesprächen und es gibt erste Ideen, welche Projekte umgesetzt werden sollen.
Eine schöne Aktion gab es aus dem Arbeitskreis Natur 2.0: Hier wurden Tüten mit regionalem Saatgut gepackt, das zu mehr Artenvielfalt in unseren Gärten führen kann.
Zum Fokus-Thema Energie 2.0 gab es ein Symposium zur Nutzung elektrischer Energie als Heizquelle. Ansonsten sind wir auch hier mit dem KLM im Gespräch und überdenken aktuell das Gebiet zwischen Strandkorbhalle, Syltklinik und dem Dorfteich: Gibt es in diesem Bereich Möglichkeiten, alternative Energieformen einzusetzen? Einige Ideen stehen schon länger im Raum und jetzt sind wir dabei, diese zu prüfen. 

Wie ist das Fazit nach 10 Monaten im Amt?
Ich habe ehrlicherweise gedacht, dass wir insgesamt schneller agieren könnten. Aus unterschiedlichen Gründen geht das oft nicht. Und ich habe nicht angenommen, dass ich so viele Aufgaben haben werde: Personalführung, Verträge, Gespräche mit Bürgern oder Termine auf dem Festland. Tatsächlich hatte ich mir vorgestellt, ich könnte noch fokussierter an den Fokus-Themen arbeiten, die wir uns bewusst in den Vordergrund gezogen haben.

Haben Sie das Gefühl, als Bürgermeister in Wenningstedt-Braderup etwas erreichen zu können? 
Ja, das glaube ich schon. Ich denke auch, dass ich mit meinem Ansatz, den ich damals „Politik mit einer anderen Haltung“ genannt habe, nicht ganz falsch liege. Dabei geht es mir vor allem um die Zieldefinition. Denn wenn wir keine Ziele haben, können wir nicht in eine Richtung arbeiten.
Ich finde es außerdem toll, dass wir als eigenständiger Ort auf dieser Insel auch einfach mal machen können. Damit setzen wir Impulse und das ist großartig. Ich werde oft gefragt ob es mir nach 10 Monaten noch Spaß macht und ich würde sagen: Ja, unterm Strich macht es Spaß!

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeindevertretung? 
Die Stimmung ist weiterhin wirklich gut. Wir haben inzwischen viele Sachen thematisch auf den Weg gebracht und wir haben aus meiner Wahrnehmung eine gute Stimmung im Abstimmungsverhalten. Wir können offen miteinander reden und auch wenn wir anderer Meinung sind, bleiben wir auf der Sachebene. Gleichwohl bearbeiten wir einfach so viele Themen, dass es nicht nur für mich als Bürgermeister viel ist, sondern auch für die Gemeindevertreter, die das alle komplett im Ehrenamt machen. Um über alle Themen in nötiger Tiefe informiert zu bleiben und kompetent abstimmen zu können, bringt verständlicherweise einige hin und wieder an die Grenzen der Kapazität. Dennoch spüre ich durchweg viel Bereitschaft und Unterstützung.

Und wie ist die Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinden auf Sylt?
Großartig! Ich erlebe da aktuell ein richtiges Momentum mit den anderen Amtsbürgermeistern, sowie auch mit der Gemeinde Sylt. An vielen Stellen schaffen wir gerade insulare Runden, die es vorher nicht gab. Wir kommen gerade sehr unproblematisch und kurzfristig zusammen, um uns abzustimmen. Denn viele Themen können nur insular angegangen werden und dafür muss erst einmal ein Austausch her. Vielleicht haben wir ja eines Tages nicht nur ein Ortsentwicklungskonzept für Wenningstedt-Braderup, sondern sogar ein Inselentwicklungskonzept…?

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