Freiwillig nach Sylt?

Für ein ganzes Jahr?!

Wenn man sich mit den zwölf jungen Menschen unterhält, die gerade mitten in ihrem Freiwilligendienst stecken, klingt es, als ob es nichts Schöneres gäbe als das: ein ganzes freiwilliges Jahr auf Sylt.

Ob im Umweltschutz, mit Kindern oder mit dem Schwerpunkt auf ältere Menschen: Vier Institutionen in Wenningstedt-Braderup bieten die Möglichkeit, den Bundesfreiwilligendienst, ein Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr zu erleben. Wie verschieden die Aufgaben dabei sind, wer von so einem Jahr am meisten profitiert und wie man an eine der begehrten Stellen kommt, haben wir von den Freiwilligen persönlich erfahren.

Im Naturschutz

© Jasmin Heimberger

Wer große Lust auf Naturthemen hat, gern bei jedem Wetter an der frischen Luft unterwegs ist und  auch keine Scheu davor hat, vor Gruppen zu sprechen - für den könnte ein Freiwilligenjahr in der Naturschutzgemeinschaft genau das Richtige sein.

Die Aufgaben bewegen sich zwischen aktivem Umweltschutz und Bildungsarbeit: So betreut das Team die Ausstellung im Naturzentrum, bietet verschiedene Führungen durch die Natur an, ist in die Kinder- und Jugendgruppen involviert und auch für die Gebietsbetreuung - also für die Pflege und Überwachung der Naturschutzgebiete - zuständig. 

„Ohne unsere Freiwillige könnten wir unsere Angebote und die Naturschutzarbeit gar nicht aufrecht erhalten. Die Freiwilligen sind in all unseren Bereichen aktiv. Ohne sie wäre das alles nur extrem eingeschränkt möglich.“, erzählt die Geschäftsführerin des Vereins, Maike Lappoehn. Nachwuchssorgen muss sie sich zum Glück keine machen: Etwa 40 - 50 Bewerbungen erreichen sie durchschnittlich im Jahr für die sechs angebotenen Stellen.

Drei Freiwillige und die Geschäftsführerin des Vereins Maike Lappoehn schauen gemeinsam auf einen Computerbildschirm
© Jasmin Heimberger

Charlotte Nebeling ist eine von denen, die es in das aktuelle Team geschafft haben. Sie sitzt an ihrer Nähmaschine und tüftelt an Sitzkissen mit maritimen Motiven. „Das ist mein Winterprojekt. Ich bereite hier Prototypen von Sitzhockern für die neue Ausstellung vor“, erzählt die 22 Jährige, die ursprünglich aus dem Sauerland kommt. Während die warmen Monate nämlich gut durchgetaktet sind, können die Freiwilligen im Winter Ihren Fähigkeiten entsprechend an eigenen Projekten arbeiten und die neue Saison vorbereiten. 

Ihre kreative Ader möchte Charlotte auch in ihrem späteren Beruf einsetzen: Nach ihren Bachelor für Grundschullehramt mit dem Fokus auf Kunst nutzt sie ihr Jahr auf Sylt auch als Probelauf für die Karriere als Lehrerin. „Ich spreche eigentlich nicht so gerne vor vielen Leuten. Das war auch ein Impuls für mich, hier die Führungen zu machen, das zu trainieren und zu schauen, wie gut ich mich überwinden kann - und das klappt eigentlich ganz gut.“ Neben dieser persönlichen Entwicklung und Entfaltung wird während des Frewilligendienstes auch viel Wissen zu Naturschutzthemen vermittelt. „Die Grundlagen kannte ich vorher schon, und in der Einführungsphase sind wir ganz viel mit unseren Vorgänger*innen mitgelaufen und haben viel gelernt. Und es gibt auch Konzepte für die Führungen, in denen alles Wichtige steht. Und der Rest kommt dann einfach durchs Machen.“ Theoretische Hintergründe, Didaktik und politische Bildung werden den Freiwilligen darüber hinaus an den 20 überregionalen Seminartagen vermittelt.

Für wen ein Jahr in der Naturschutzgemeinschaft genau das Richtige ist? „Letztendlich ist es für alle das Richtige“, ist sich Maike Lappoehn sicher. „Du solltest engagiert sein, neugierig darauf sein etwas Neues kennen zu lernen, kreativ und mutig und offen für alles.“ Die Bewerbungsgespräche mit den potentiellen Nachfolger*innen führt das aktuelle Team übrigens höchstpersönlich und sorgt so dafür, dass die Freiwilligenarbeit am Naturzentrum in guten Händen bleibt.

Charlottes Sylt-Highlight

„Eines meiner Highlights ist das Monatsbaden: Wir gehen jeden Monat ein Mal zusammen in der Nordsee baden. Das ist meistens eine sehr große Überwindung und ich hab vorher nicht so Bock drauf. Jetzt im Winter ist es besonders hart. Aber wenn man es dann gemacht hat, ist es so ein cooles Gefühl, aus dem kalten Wasser zu kommen.“

Kurz & Knapp

Eingang zum Naturzentrum Braderup mit Sommerblumen
© Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V.
  • Art und Anzahl der Plätze: 3 x Freiwilliges Ökologisches Jahr | 3 x Bundesfreiwilligendienst

  • Voraussetzungen: Keine formellen Voraussetzungen. Interesse an Naturthemen, Motivation, viel Zeit draußen zu verbringen und Strecken auf der Insel mit dem Fahrrad zurück zu legen, sind von Vorteil. Ein Führerschein wird nicht benötigt.

  • Unterkunft: Unterbringung in 4er und 2er WG. Da der Wohnraum auf der Insel knapp ist, kann eine zusätzliche BFD-Stelle für eine Person geschaffen werden, die in einer eigenen Unterkunft auf Sylt wohnt.

In der Norddörfer Kirchengemeinde

Eine junge Frau und ein junger Mann decken einen Tisch und schauen in die Kamera
© Jasmin Heimberger

„Im Auftrag des Herrn“ auf Sylt unterwegs sind die Freiwilligen der Norddörfer Kirche Miriam Süssbrich und ihr Kollege Sascha Dangel. Gerade decken die beiden die Tische im hell eingerichteten Gemeindesaal. „Heute Nachmittag ist Seniorennachmittag und den bereiten wir immer vor: Tische decken, Kuchen holen, die Senioren abholen und ein bisschen Programm machen.“, erzählen sie.

Tatsächlich liegt auf der Seniorenarbeit auch der Fokus für die Freiwilligen der Norddörder Kirchengemeinde. Dazu gehören zum Beispiel Besuche bei den Gemeindemitgliedern zu Hause, Spaziergänge oder Einkaufsfahrten. „Manchmal ist es traurig zu sehen, dass so viele alte Menschen einsam sind“, erzählt Miriam, „aber wir bringen Freude und Abwechslung in ihren Alltag und versuchen, die Traurigkeit ein bisschen aufzuheben. Es ist schön zu sehen, wie sehr sie sich darüber freuen.“

Und dieser Einsatz wird nicht nur von den älteren Gemeindemitgliedern geschätzt: „Ohne unsere Freiwilligen könnten wir schlichtweg keine Seniorenarbeit leisten“, ist sich Kathrin Wenzel, die das Kirchenbüro leitet, sicher.  Auch Jugendarbeit, Unterstützung in den Konfirmandengruppen, sowie hin und wieder die Vorbereitung von Gottesdiensten fallen in den Aufgabenbereich der Friesenkapellen-FSJ’ler. Von denen gibt es - Gott sei Dank! - jedes Jahr zwei.

zwei junge Menschen stehen vor dem Auto der Norddörfer Kirchengemeinde
© Jasmin Heimberger

Um hier einen guten Job zu machen, muss man übrigens nicht streng gläubig sein, weiß Miriam zu berichten. Zwar hatte sie in ihrer bayrischen Heimat auch schon immer mal einen Bezug zur Kirche. Für sie überwiegt allerdings nicht der religiöse, sondern der soziale und gemeinschaftliche Charakter des Freiwilligendienstes.

„Man sollte auf jeden Fall offen sein, damit man Anschluss findet. Freundlichkeit ist auch wichtig, weil sich die Senioren freuen und wenn man dann komplett zurückhaltend ist, wäre das schwierig.“, beschreibt Miriam die wichtigsten Eigenschaften der potentiellen Nachfolger*innen.

Sechs Monate ihres Freiwilligendienstes liegen noch vor ihr - und danach ist eine Zukunft auf der Insel in Sicht: Denn ihr gefällt es hier so gut, dass sie im Anschluss eine Ausbildung in einem Sylter Tischlerei-Betrieb beginnen möchte.

Kurz & Knapp

© Jasmin Heimberger
  • Art und Anzahl der Plätze: 2 x Freiwilliges Soziales Jahr

  • Voraussetzungen: Da Fahrdienste zu den Aufgaben gehören, wird ein Führerschein benötigt. Ansonsten vor allem Freundlichkeit, ein offenes Ohrund viel Freude am Umgang mit Menschen jeden Alters (aber vor allem mit Senioren).

  • Unterkunft: Unterbringung in 2er WG im Pastorat am Dorfteich.

  • Weitere Informationen: Zur Homepage der Friesenkapelle

In der Syltklinik

Zwei junge Frauen stehen im Treppenhaus der Syltklinik und lächeln in die Kamera
© Jasmin Heimberger

Was machen nach dem Abi? Diese Fragen stellten sich auch Jannika Kasten und Antonia Stoll. Dass Antonia Lehrerin werden möchte, war ihr schon klar. Aber ob Grundschule, Gymnasium oder Berufsschule…? Also erst einmal für ein Jahr Freiwilligendienst nach Sylt, viel Praxiserfahrung mit Kindern aller Altersstufen sammeln und die Gedanken sortieren! Beide haben sich dafür für die Syltklinik entschieden, eine kinderonkologische Rehaklinik für Familien im Norden von Wenningstedt. 

Die jungen Patienten, die mitsamt Eltern und Geschwister hier anreisen, haben ihre Krebserkrankung entweder schon überstanden, oder befinden sich noch in der Dauer-Therapie. 

Aber die Krankheit, so erzählen die beiden, schwebt nicht wie eine dunkle Wolke über dem Alltag. „Die Dankbarkeit der Familien, die vielen Fortschritte, die die Kinder machen und so viel Positives jeden Tag überwiegen.“, erzählen sie. Und dennoch: Wenn Kinder an Krebs erkranken ist das ein Thema, mit dem man als junger Mensch im besten Fall nicht viel Erfahrung hat. Wie also damit umgehen? „Gott sei Dank sind wir zu zweit im FSJ und können uns über Fälle, die uns nahe gehen, austauschen. Und die Klinik ist insgesamt super aufgestellt. Wir haben hier auch Psychologen, die mit uns darüber reden, wenn es wirklich tiefer geht.“, beschreibt Jannika den Umgang mit dem so schwierigen Thema. Und auch sonst: Allein gelassen werden die beiden bei ihrer Arbeit nicht. Sie sind gut integriert in das Team aus Therapeuten, Ärzten und Erziehern, das in der Syltklinik bis zu 28 Familien ganzheitlich betreut und behandelt. 

Zwei junge Frauen sitzen an einem Tisch in einem freundlich eingerichteten Aufenthaltsraum
© Jasmin Heimberger

Im Spielhaus der Klinik spielen, basteln und bauen sich Jannika und Antonia mit den Kinder durch den Klinik-Alltag. Die beiden FSJlerinnen helfen dabei, den Tagesablauf reibungslos zu gestalten, damit die Familien hier zur Ruhe kommen können. Sie bereiten vor, gehen einkaufen, sind aktiv ins Programm eingebunden.

Routine kehrt dabei nicht ein: Eine Reha dauert vier Wochen, danach reisen neue Familien an. Zudem wechseln die beiden dann jedes Mal in eine andere Gruppe - von den Strandläufern, über Seehunde und Seesterne hin zum Club - die jeweils der aktuellen Altersstruktur der Reha angepasst sind. So müssen sie sich immer wieder auf ganz neue Situationen einstellen und sammeln unheimlich viele Erfahrungen.

Für Jannika und Antonia offenbar genau das Richtige, denn inzwischen haben beide konkrete Zukunftspläne: „Ich studiere ab Oktober Kindheitspädagogik dual in einem Kindergarten. Die Zeit hier hat mich geprägt und ich weiß jetzt: in diesem Bereich bin ich richtig, ich kann das, ich habe die Fähigkeiten.“, freut sich Jannika. Und auch Antonia hat sich für eine Altersgruppe entschieden: Sie wird später an einem Gymnasium unterrichten.

Kurz & Knapp

Die Fassade der Syltklinik mit großem bunten Schirftzug
© Jasmin Heimberger
  • Art und Anzahl der Plätze: 2 x Freiwilliges Soziales Jahr

  • Voraussetzungen: Keine formellen Voraussetzungen. Ein Führerschein ist von Vorteil.

  • Unterkunft: Für eine*n Freiwillige*n ist eine Wohnung vorhanden. Die zweite Person wird bei der Wohnungssuche unterstützt.

  • Weitere Informationen Zur Homepage der Syltklinik

Im Bauernhofkindergarten

Zwei junge Frauen streicheln eine Ziege
© Jasmin Heimberger

Langeweile gibt es hier definitiv nicht! Dafür sorgen die rund 80 Kinder im Alter von 1 bis 6, die im Braderuper Kindergarten spielen, basteln, kochen und Tiere versorgen - Ja genau: Tiere versorgen. Denn auf dem weitläufigen Gelände des Bauernhofkindergartens haben neben einem großen Gemüsegarten auch Schafe, Ziegen und Hühner Platz.

„Die Kinder lernen hier dem Umgang mit den Tieren: welche kann man streicheln, zu welchen hält man lieber ein bisschen Abstand.“,  erzählt Hiltje Schmidt, die hier ihr Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Zu ihren täglichen Aufgaben gehören neben Spielen, Basteln und Vorlesen auch Aufräumen in den Gruppenräumen oder das  Vorbereiten des Bistros für die gemeinsamen Mahlzeiten. Das muss sie aber nicht alleine wuppen, sondern gemeinsam mit ihrer Kollegin Paola Diaz.

Paola stammt aus Kolumbien und hat erste Sprachkenntnisse bereits während ihres vorangegangenen AuPair Aufenthaltes gesammelt. „Es macht viel Spaß mit den Kindern und das Team ist sehr nett - auch wenn mein Deutsch noch nicht gut ist.“, erzählt sie. „Danach möchte ich eine Ausbildung im Kindergarten machen. Meine Zeit hier war super schön. Ich muss noch viel lernen, aber das ist mein nächster Traum.“, schwärmt sie.

Zwei junge Frauen stehen vor einem bunten Regal mit Spiel- und Bastelsachen und lächeln in die Kamera
© Jasmin Heimberger

Begeisterung kommt auch bei Kindergartenleiterin Karin Artschwager auf, wenn sie von ihren Freiwilligen erzählt. „Unsere Freiwilligen sind eine super Unterstützung im Kindergarten-Alltag. Aber sie lernen hier nebenbei auch viel fürs eigene Leben - Selbstbewusstsein, Verantwortungsgefühl und Teamfähigkeit, aber auch die eigenen Grenzen.“, zählt sie auf uns und ergänzt:

„Wir freuen uns über junge Menschen, die bei uns mit anpacken möchten! Die wichtigsten Voraussetzungen sind Liebe zu Kindern und der Spaß am Umgang mit Menschen.“

Kurz & Knapp

Blick auf den Außenbereich des Bauernhofkindergartens
© Jasmin Heimberger
  • Art und Anzahl der Plätze: 2 x Freiwilliges Soziales Jahr oder Bundesfreiwilligendienst

  • Voraussetzungen: Mindestalter 17 Jahre | erweitertes Führungszeugnis | Liebe zu Kindern | Spaß am Umgang mit (auch erwachsenen) Menschen

  • Unterkunft: Kein Wohnraum vorhanden.

  • Weitere Informationen: Zur Homepage des Bauernhofkindergartens

  • Text & Bilder: Jasmin Heimberger

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