© Imke Wein

Spazieren und Probieren!

Kräuterkunde am Wegesrand

von Imke Wein

Gründe, um durch die Sylter Natur zu streifen, gab es auch bislang hinreichend: Sich durchpusten lassen, demütig werden angesichts der ganzen Schönheit, wilde Ideen entwickeln, die Seele in Balance bringen, Kinder und Hunde lüften. Kurz: ein Allheilmittel! Unabhängig von Saison und Wetterlage. Seit allerdings meine beste Freundin Sohela sich in Sylter Pflanzenkunde schlau macht und täglich mehr weiß über die nützliche und heilende Wirkung von Kräutern, Blumen, Früchten und Wurzeln am Wegesrand, sind Spaziergänge zu allem auch noch köstlich und erhellend.

Der Schluss gleich zu Beginn: Unsere Exkursion hat uns aus dem Osterweg in die kleine Wiese neben dem Wäldchen geführt und wieder zurück. Ein alltäglicher Weg in der Nachbarschaft, den man jetzt nie mehr einfach nur so „abschlendern“ wird. Dabei ist dieses willkürlich ausgewählte Areal keine Besonderheit: Jedes noch so kleine Wiesenstück auf Sylt hält reichlich Anschauungs- und Probiermaterial für Pflanzenkenner bereit. Weit mehr als 100 ess- und nutzbare Arten wachsen da so vor sich hin. Unsere XS-Strecke umfasste vielleicht 400 Meter, gebraucht haben wir dafür zwei Stunden, die vergingen wie im Flug. Denn auf dieser Mini- Kräutertour haben wir reichlich spannende, heilende und leckere Gewächse kennengelernt, mal eben die Ehrfurcht vor Mutter Natur ins Unermessliche gesteigert und den festen Willen geformt, in Zukunft einfach noch ein wenig einfacher, achtsamer, informierter und damit besser zu leben.

Gute Grundlage

Sylt ist eine besondere Fundgrube für wilde Kräuter und Blumen. Der Tisch ist reich gedeckt. Das bedingt sich auch durch die Beschaffenheit der Böden – sie sind nährstoffärmer, das brauchen viele Kräuter zum Gedeihen. Durch das Klima schießen die Pflanzen zudem nicht so hoch, werden dadurch nicht so oft gemäht und erhöhen ihre Chancen auf Vermehrung. Mit seltenem Mähen tun die fleißigen Grünflächenpflege der Sylter Gemeinden nicht nur den Pflanzen einen Gefallen, sondern auch den Bienen und anderen Insekten und natürlich den Menschen, die sich auf die Kräuter verstehen und sie für Salate, Tees, Marmeladen und Tinkturen nutzen wollen.

Kräuterwanderung in Wenningstedt auf Sylt
© Imke Wein
Kräuterwanderung in Wenningstedt auf Sylt
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Kräuterwanderung in Wenningstedt auf Sylt
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Im Frühling, Sommer und Herbst bietet Mutter Natur genau das, was der Körper zu dieser Jahreszeit besonders braucht. 

Kräuterwanderung in Wenningstedt auf Sylt
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Tipp 1
Jede Kräuterhexe und jeder -zauberer rät, am Anfang zunächst mit wenigen Pflanzen zu beginnen, die man sicher kennt und sein Repertoire langsam und stetig zu erweitern. Meine Kräuterfreundin Sohela ist Osteopathin und Heilpraktikerin und hat von Haus aus eine große Kenntnis der Homöopathie und Naturheilkunde. Sie besucht zudem fundierte Seminare und Wanderungen mit Marion Wick. Als Küstenbewohnerin kennt die sich aus mit der einzigartigen Fauna der Salzwiesen, hat das Ganze natürlich auch universitär studiert, TV-Sendungen zum Thema gemacht, die alten Verarbeitungstechniken von ihrer Familie gelernt und ihr ganzes Leben lang weitgehend selbstversorgend gelebt. Das Beste: Sie bietet ihre Wanderungen und langfristig angelegte Kurse auf Föhr, Amrum, dem nahen Festland und auf Sylt an. Denn dieses Wissen muss unbedingt geteilt werden!

Tipp 2
Grüne gepflegte Rasen- und Rollrasenflächen haben für die Natur in etwa die Qualität wie Auszugsmehl für die menschliche Ernährung. Da steckt nicht viel drin. Wie verrückt, dass man viele Pflanzen, die besonders wertvoll, nährstoffreich oder heilsam sind, als Unkraut verunglimpft hat. Löwenzahn zum Beispiel – ist ein Allrounder: Nahrungsquelle für Bienen, die frischen Blätter im Frühjahr sind als Salat eine Delikatesse, aus den Blüten kann man einen köstlichen Sirup gewinnen und die Wurzeln sind geröstet ein prächtiger Kaffeeersatz.

Wenn man also einen gastfreundlichen Garten im umfassenden Sinne haben möchte, sollte man an all das denken, was Insekten und Menschen gerne mögen und all das pflanzen, was gut zur Sylter Natur passt und einem selbst gut tut. Es ist übrigens erwiesen, dass in einem naturbelassenen Garten genau die Heilkräuter wachsen, die die Menschen (und die Tiere) die dort leben, besonders brauchen.

Auch spannend: Im Frühling, Sommer und Herbst bietet Mutter Natur genau das, was der Körper zu dieser Jahreszeit besonders braucht. Weniger ist immer mehr, das gilt für die Ernährung natürlich ohnehin. Wenn man sich aus dem Garten von Mutter Natur bedient, sollte man nur das pflücken oder ernten, was man wirklich braucht und nur das, was sich mühelos vom Rest der Pflanze löst. Man sollte der Pflanze nie die Möglichkeit nehmen, sich fortzupflanzen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in unserem Magazin

 

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